Eine Textur bezeichnet die Oberflächenstruktur und zählt in der Kunst, Architektur und im Design zu den wichtigsten formalen Grundelementen. Sie wird neben der Farbenlehre und Formenlehre teils etwas verkannt.
Was ist Textur?
Eine Textur ist ein formales Grundelement in der Kunst, Architektur und im Design, das eng mit den Grundelementen Farbe und Form verwandt ist. Die Textur bezeichnet die fühlbare und sichtbare Stofflichkeit bzw. Oberflächenstruktur eines Kunstwerkes und seiner Teile. Sie spielt eine entscheidende Rolle bei der haptischen und visuellen Wahrnehmung sowie Interpretation eines Werkes. So kann eine Textur die taktilen Sinne ansprechen, indem sie mir ihrer physischen Oberfläche den Eindruck von Glätte, Rauheit, Weichheit etc. vermittelt (haptische Textur/ Material). Dieser Eindruck kann aber auch rein visuell vermittelt werden und das Auge ansprechen (visuelle Textur/ Bildfläche). Und zuletzt kann eine Textur auch bildnerisch eine physische Oberfläche simulieren (ikonische Textur/ Bildraum). In jedem Fall können Texturen vielfältige Eigenschaften und Funktionen zeigen. Das Konzept der Textur lässt sich auch auf weitere Sinnesmodalitäten übersetzen.
Eigenschaften der Textur
Zum Theoriefeld der Texturen gibt es noch keine fundierte Modelle, wie dies etwa in der Farbenlehre der Fall ist. Da die Textur mit der Farbe und Form eng verwandt ist, gelten zu den unten genannten auch die Eigenschaften der Farbe und Form als Dimensionen der Textur. Darüberhinaus werden folgende Dimensionen als wichtigste genuine Textureigenschaften genannt. Mit Texturkontrasten oder bestimmten Texturanordnungen (Kompositionen) können sich diese Eigenschaften gegenseitig steigern oder relativieren.
1. Dichte
Die Verteilung von Elementen definiert die visuelle Dichte einer Textur. Sie kann eng oder locker sein und beeinflusst nicht nur die visuelle Fülle und Detailgenauigkeit, sondern wirkt sich auch auf die Textur selbst wie die Gesamtgestaltung aus.
2. Betonung
Die Betonung einer Textur oder ihrer Teile kann stark oder fein, erhaben oder vertieft sowie allgemein rezent oder dezent sein. Sie beeinflusst nicht nur die Auffälligkeit und visuelle Hierarchie der Textur, sondern steuert z.B. auch die räumliche Wirkung und Gesamtgestaltung.
3. Durchlässigkeit
Die Durchlässigkeit beeinflusst die Fühl- und Sichtbarkeit einer Texturschicht sowie der darunterliegenden Elemente. Diese kann von durchlässig bis deckend variieren und z.B. in der Malerei darüberhinaus bis pastos sein. Auch die Durchlässigkeit einer Textur hat Einfluss auf die Gesamtgestaltung.
Funktionen von Texturen
Wie alle gestalterischen Grundelemente, können die Gestalterischen Funktionen auch auf die Textur angewendet werden. Im Folgenden werden diese vereinfacht zusammengetragen. Zur Vertiefung siehe im Beitrag Gestaltungsfunktionen in der Tabelle die Beispiele zur Textur.
1. Nachahmung
Raumrepräsentation
Texturen können die Wahrnehmung der Räumlichkeit unterstützen oder eine Räumlichkeit selbst simulieren.
Materialrepräsentation
Materialien wie Holz, Stein oder Stoff haben eine Textur. Und Texturen können durch ihre Erscheinung eine Materialität repräsentieren. Diese kann real oder simuliert sein. Zum Beispiel eine Malerin, die realistische Stillleben malt, verwendet geschickt verschiedene Pinselstriche und Farbaufträge, um die Oberflächen von Früchten oder Blumen naturgetreu nachzuempfinden.
2. Bedeutung
Texturen können in bestimmten kulturellen Kontexten oder Traditionen Bedeutungen tragen und etwas kommunizieren (Denotat oder Konnotat). In einer Kultur, in der bestimmte Oberflächen eine spirituelle Bedeutung haben, kann die Verwendung eine tiefere symbolische Ebene ansprechen.
3. Wirkung
Textur kann gezielt eingesetzt werden, um physiologische oder psychologische Wirkungen beim Betrachter hervorzurufen. Bestimmte Texturen können kühl, rau, beruhigend, dynamisch oder auch melancholisch und irritierend wirken. Verwendet etwa eine Bildhauerin eine grobe und unregelmässige Textur auf ihre Skulptur, wirkt diese auf den Betrachter dynamisch und energiegeladen.
Technische Verfahren in der Produktion
Texturen sind einerseits Ausdruck von Materialeigenschaften und Medium und zeigen andererseits Spuren von ihrer Bearbeitung. Diese können authentisch sein oder synthetisiert und als Effekt eingesetzt werden, was zum Unmut einiger puristischer GestalterInnen nicht nur in der Industrie gerne gemacht wird. Seit dem Einzug der Digitalisierung herrscht zu imitierten Texturen jedoch ein entspannteres Verhältnis. Beispiele für Texturen in der Produktion:
- Reliefdruck: Durch den Einsatz von verschiedenen Drucktechniken können erhabene Texturen erzeugt werden, die beim Berühren spürbar sind.
- Collage: Das Zusammenfügen verschiedener Materialien und Strukturen kann komplexe und interessante Texturen schaffen.
- Digitale Bildbearbeitung: Mit Hilfe von Software können Texturen erstellt, manipuliert und auf digitale Kunstwerke angewendet werden.
Texturen in Kunst, Architektur und Design
Texturen kommen in allen Gestaltungsbereichen vor. Einige Beispiele:
- Kunst: Ein abstraktes Gemälde, das durch geschichtete Farben und Pinselstriche eine taktile Textur erzeugt, um eine emotionale Verbindung mit dem Betrachter herzustellen.
- Architektur: Die Verwendung von strukturierten Ziegeln an der Fassade eines Gebäudes, um nicht nur ästhetische Wirkung, sondern auch eine haptische Erfahrung für die Menschen zu schaffen, die es berühren.
- Design: Die Gestaltung einer Werbeanzeige mit digitalen Elementen und Mustern, die bestimmte psychologische Reaktionen bei potenziellen Kunden auslösen sollen.
Fazit
Textur ist ein faszinierendes und vielseitiges Grundelement in der Kunst, das die Möglichkeiten der Gestaltung erweitert. Durch bewusste Auswahl und Anwendung von Texturen können Künstler, Architekten und Designer eine reiche und einnehmende Erfahrung für ihr Publikum schaffen. Die Kombination von Textur mit Farbe und Form eröffnet unzählige kreative Wege, um Kunstwerke zu erschaffen, die sowohl inhaltlich, sinnlich als auch emotional berührend sind.
Beitragsbild: Caspar David Friedrich, Mönch am Meer, 1810 (gemeinfrei by wm/gap)
Der Theoriebeitrag wurde auf den Referenzrahmen von ADM abgestimmt und die Beispiele mit Hilfe von ChatGTP entwickelt. In diesem Sinn setze ich hier gleich eine Textur-Analyse von Friedrichs Werk "Mönch am Meer" an, die ich auf Basis der entwickelten Theorie via ChatGTP 3.5 ausführen lasse. Überprüfe selbst, wie sich der Chatbot macht! Die hochauflösende Bilddatei dazu ist oben verlinkt.
"Der Mönch am Meer" zeigt eine eindrucksvolle Szene, in der ein einzelner Mönch in einem weiten, leeren Landschaftsraum am Meer steht. Das Bild wurde zwischen 1808 und 1810 gemalt und gehört zu den bedeutendsten Werken der deutschen Romantik. Das Bild ist bekannt für seine subtile und fesselnde Darstellung von Textur und veranschaulicht verschiedene wichtige Aspekte zum Thema Textur:
Haptik: Die raue, unebene Struktur des Meeresufers und der Bodenoberfläche wird durch die präzisen Pinselstriche des Künstlers deutlich gemacht. Der Betrachter kann sich die rauhe Beschaffenheit des Bodens gut vorstellen.
Visuelle Erscheinung: Friedrich nutzt eine wiederholte, wellenartige Linienführung, um die Oberfläche des Meeres zu gestalten und dem Bild eine dynamische Textur zu verleihen, die Bewegung suggeriert.
Dichte: Die Weite des Meeres und der Himmel erzeugen eine beinahe unendliche Dichte und lassen den Betrachter eine gewisse Einsamkeit empfinden.
Durchlässigkeit: Die Verwendung von Farbkontrasten und Lichteffekten schafft eine durchsichtige und zugleich düstere Stimmung, die das emotionale Erleben beeinflusst.
Dieses Gemälde demonstriert auf eindrucksvolle Weise die künstlerische Fähigkeit, durch die bewusste Gestaltung von Texturen eine starke Wirkung auf den Betrachter auszuüben. Es verdeutlicht die Möglichkeiten der Textur, Atmosphäre und Emotionen in der Kunst zu transportieren und zeigt, wie die Kombination von Farbe, Form und Textur ein Gesamtkunstwerk entstehen lässt.