Die wichtigsten filmischen Gestaltungsmittel, mit denen der Film den Inhalt mitsteuret und seine Wirkung erzielt, sollen hier kurz zusammengetragen werden. Damit ist nicht Technik, Schauspielerei, Szeneographie oder dergleichen gemeint, sondern etwa die bildnerischen Mittel, Montagemöglichkeiten, Ton etc.
Einstellung, Szene und Sequenz
Eine Einstellung ist ein Filmstück ohne Unterbrechung der Kontinuität. Bei der Aufnahme: vom Einschalten der Kamera bis zum Ausschalten; beim fertigen Film: von Schnitt zu Schnitt. Der Begriff Szene kommt aus dem Sprachgebrauch des Theaters. Die Szene bildet eine Einheit der Filmerzählung mit Kontinuität in Ort und Zeit, die eine Handlung wiedergibt. Die Szene kann aus einer oder meist mehreren Einstellungen bestehen. Der Begriff Sequenz wird im deutschsprachigen Raum oft gleichbedeutend wie Szene verwendet, was aber genau genommen nicht ganz richtig ist. Denn eine Sequenz ist eine Abfolge von Ereignissen, die in Ort und/ oder Zeit nicht kontinuierlich sein müssen, jedoch im gedanklichem Zusammenhang stehen (siehe z.B. Parallelmontage).
Einstellungsgrössen
Neben der Komposition von Bildraum (Vorder-, Mittel- und -Hintergrund) und der Komposition von Bildfläche (Symmetrie oder Asymmetrie, Gruppierung oder Verteilung usw.) ist auf die Einstellungsgrösse zu achten. Mit der Einstellungsgrösse wird mit der Kamera der Bildauschnitt des aufzunehmende Sujets „eingestellt“ (Cadrage oder auch Framing genannt). Die Bezeichnungen für die möglichen Einstellungsgrössen sind nicht exakt festgelegt. Es kommt immer auf den Bezug zum Hauptmotiv an. In den meisten Fällen ist das der Mensch: Eine Totale zeigt den Menschen sodann insgesamt. Die Totale eines Hauses oder einer Maikäfers schaut aber ganz anders aus.
Von diesem relativen Bezug leiten sich dann zur Totalen die weiteren Einstellungsgrössen ab wie Weite, Halbtotale, Halbnah, Nah, Gross, Detail. Die folgenden Filmstills (=Filmstandfotos) zur Veranschaulichung der Einstellungsgrössen sind aus dem Opensource-Film Route 66 von Stefan Kluge.
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Weite (W) oder Supertotale (ST): Diese Einstellung bietet einen Gesamtüberblick des Handlungsortes (wie z.B. eine Landschaft), oft von erhöhtem Standpunkt. Durch die verkleinerte Wiedergabe auf dem Bildschirm sind Details kaum mehr zu erkennen. |
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Totale (T): Die Totale stellt die Szenerie bzw. das Hauptmotiv in seiner Gesamtheit dar, wie z.B. eine Menschengruppe mit etwas Umgebung. |
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Halbtotale (HT): Diese Grösse ist ein mehr begrenzter Ausschnitt des Hauptmotivs. Menschen sind etwa vom Knie aufwärts im Bild, was im Speziellen als amerikanische Einstellung bezeichnet wird. |
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Halbnah (HN): Menschen oder vergleichbar grosse Gegenstände dominieren im Bild. Dies ist bspw. eine übliche Einstellungsgrösse für zwei Personen im Gespräch. (Nachtrag: Das Bildbeispiel ist eigentlich nicht ganz korrekt, denn die Halbnahe ginge bis zur Hüfte. Diese Einstellung entspricht eigentlich schon einer Nahen - speziell ist allerdings die Froschperspektive.) |
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Nah (N): In dieser Einstellung spielt die Umgebung kaum mehr eine Rolle, wie z.B. bei einem Brustbild einer Person. |
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Gross (G): Eine Einzelheit (Kopf einer Person, Fenster eines Hauses etc.) wird herausgegriffen, verdeutlicht. |
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Detail (D) oder Ganz Gross (GG): In dieser Einstellung gilt die Konzentration auf extreme Ausschnitte/ Teile, wie bspw. Auge, Mundpartie, Fingerring, Türschloss etc. Diese extreme Vergrösserung entsteht üblicherweise durch die Makroeinstellung der Kamera. |
Mix: Es kann natürlich sein, dass innerhalb eines Bildes mehrere Einstellungsgrössen vorkommen, was oft bei Aufnahmen in Weitwinkelposition stattfindet. So steht z.B ein Kopf Gross im Vordergrund und eine ganze Person im Hintergrund. Eine Bewegung der Kamera oder am Set ermöglicht des Weiteren die stufenlose Veränderung zwischen den genannten Einstellungen.
Kamerastandpunkt
In der Variation der Einstellungsgrössen liegt genauso das Geheimnis für eine interessante Filmgestaltung wie im Wechsel des Kamerastandpunktes. So kann eine Sache von mehreren Standpunkten aus betrachtet werden. Dazu gehört auch der Blickwinkel, der grob in Normal-, Frosch- oder Vogelperspektive eingeteilt wird. Je nach Standpunkt muss das Licht neu bewertet bzw. eingestellt werden, was auf einem Set (Schauplatz) mittels Off-Licht passieren kann (Off = nicht im Bild der Kamera).
Brennweite- und Schärfeneinstellung
Verschiedene Brennweiten des Kameraobjektives vom Weitwinkel- bis zum Teleobjektiv lassen den Raum verschieden wirken. Der Weitwinkelbereich "dehnt" die Perspektive, der Raum wirkt weit, der Telebereich "komprimiert" die Perspektive, der Raum wirkt eng. Zudem kann mit der Schärfeneinstellung (die im Zusammenspiel mit der Brennweite steht) die Aufmerksamkeit auf bestimmte Objekte oder Bereiche im Bild gesetzt werden (vgl. Tiefenschärfe).
Bewegung
Filmgestaltung ist nicht nur Standbildgestaltung. Sie ist die Gestaltung des bewegten Bildes. Bewegung kann auf zwei Arten zustande kommen. Entweder nimmt die Kamera ein bewegtes Objekt auf (mit der Objektbewegung quer, zu oder weg von der Kamera) oder sie wird selbst bewegt (Schwenk, Fahrt, Zoom).
Schnitt und Montage
Auch der Schnitt - d.h. der Übergang von einer Einstellung zur anderen - schafft Bewegung im Bild. Hierzu gehören z.B. der harte Schnitt, der Bewegungsschnitt oder die Überblendung. Die Montage gilt als weiteres Gestaltungsmittel, von denen hier einige Arten genannt werden. In der Parallelmontage werden Handlungen verknüpft, die sich Gleichzeitig an verschiedenen Orten abspielen. Die Analogiemontage lässt Einstelllungen aufeinander folgen, die eine inhaltliche oder formale Ähnlichkeit haben (z.B. Vollmond – rundes Gesicht). In der Kontrastmontage werden entgegengesetzte Inhalte in Beziehung gesetzt (z.B. Hunger – Völlerei).
Ton
Zu den wichtigen Gestaltungsmitteln gehört auch der Ton bzw. die Vertonung. Dabei stehen die Sprache, die Musik, Geräusche und selbstverständlich die Stille im Mittelpunkt. So kann z.B. ein Landschaftsbild mit einer Landstrasse zum Horizont durch eine fröhliche Melodie eine komplett andere Wirkung und Bedeutung erhalten als dasselbe Bild mit einer melancholischen Melodie. Allgemein gesehen kann Musik eine Kontinuität erstellen. Geräusche können nicht nur als Atmo eingesetzt werden, sondern auch ganze Bilder oder Handlungen ersetzen. Stille kann Spannung erzeugen und mit einer Off-Stimme kann man dem Film z.B. einen dokumentarischen Charakter vermitteln. Beim Schneiden können dann durch J-Schnitt und L-Schnitt die Tonspuren in die Videospuren ineinandergreifen. Durch einen J-Schnitt wirkt der Schnitt meist dramatischer, mit einem L-Schnitt hingegen sanfter.
Gesamtwirkung
Man sagt oft, dass ein Film zwei mal entsteht: beim Dreh und beim Schnitt. Die Gesamtwirkung eines Films hängt davon ab, wie alle Elemente im Film zusammenspielen. Dabei entwickelt jeder Gestalter seinen eigenen Stil. Gestalten heisst Auswählen und Formen, und dies nach kommunikativen, ästhetischen und ideellen Gesichtspunkten. Ein Film ist nie objektives Abbild der Wirklichkeit.
Arbeitsvorlagen:
Quellen/ Weiterführendes
- Silbermann, Schaaf, Adam (1980); Filmanalyse. Oldenburg.
- Stach/Zens (1998); BE2- Begriffslexikon zur Bildnerischen Erziehung. Wien, Verlag Jugend und Volk.
- Roost (2015): Dossier "Filmbildung". (letzer Abruf (14.3.22)
- Abteilung Medienpädagogik des BMBWK, Wien: Leitfaden (letzter Abruf: 3.3.13).