Dieser Leitfaden beinhaltet eine einfache Anleitung zum Bau einer Lochkamera. Die theoretischen Erklärungen werden vereinfacht und nur praxisbezogen erläutert.

Schon Aristoteles wusste, dass wenn ein Lichtstrahl von aussen durch eine kleine Öffnung in einen dunklen Raum fällt, er an der gegenüberliegenden Wand dieses Raumes all das klar zeigt, was sich aussen befindet. Camera Obscura bedeutet "dunkle Kammer" und zu Beginn war es wirklich eine begehbare, dunkle Kammer mit einem Loch in der Wand, die Künstlern als Zeichenhilfe diente.
Da der Begriff "Camera Obscura" nur den dunklen Raum bezeichnet und nicht die Art der Kamera, sprechen wir hier von einer Lochkamera. Wir benutzen keine Linse und lichtempfindliches Fotopapier zur Aufzeichnung der Lichtstrahlen.

Physikalische Grundlagen

Licht breitet sich geradlinig nach allen Seiten aus. Wir sehen Körper nur dann, wenn Lichtstrahlen davon unser Auge finden, sei es dass der Körper selber leuchtet oder die Lichtstrahlen von ihm reflektiert werden.

  physik1

 

physik2

 

 physik3
Auf der dem Loch gegenüberliegenden Seite entsteht ein seitenverkehrtes und auf dem Kopf stehendes Abbild.
Die Bildweite bezeichnet den Abstand zw. der Aufnahmeöffnung und der Projektionsfläche. Eine längere Bildweite ergibt ein grösseres, aber dunkleres Bild.
Ein größerer Lochdurchmesser ergibt ein unschärferes, aber helleres Bild.

Kriterien für ein präzises Bild

  • Die Kamera muss absolut lichtundurchlässig sein.
  • Die Kamera muss zum Einlegen des Fotopapiers in der Dunkelkamer einfach geöffnet und wieder verschlossen werden können.
  • Die Aufnahmeöffnung muss möglichst rund sein und in dünnes, fuselfreies Material gestochen werden.
  • Die richtige Belichtungszeit muss herausgefunden werden.

Einfache Herstellung einer Lochkamera aus schwarzem Papier

 vorlage_co2 p7036625 p7036650   
Vorlage für eine Lochkamera mit den Massen des Fotopapiers 
Lochkamera aus schwarzem Papier gemäss Vorlage links
Fotografien mit dieser Lochkamera von Ladina 1c (EMS Schiers 08)
 

Diese Kamera entspricht einer Schachtel aus Boden und Deckel in derselben Grundform. Die Masse orientieren sich an der Grösse des Fotopapiers, in diesem Fall 13 x 9 cm (12.8 x 8.9 cm). Das Mittelstück des Deckels muss 1-2 mm grösser sein als dasjenige des Bodens. Für die separate Befestigung der Aufnahmeöffnung wird im Deckel ein kleines Stück herausgeschnitten.

Die Herstellung der Aufnahmeöffnung

Es gibt unzählige Möglichkeiten zur optimalen Herstellung eines kreisrunden Loches in möglichst dünnes Material. Sie können Alufolie, schwarze Klebfolie, Kaffeerahmdeckel, Butterpapier, dünnes Blech oder sogar Papier verwenden. Stechen Sie (beispielsweise) mit einer Nadel von beiden Seiten mehrmals durch das Material und überprüfen Sie mit der Lupe, dass weder Fusel, noch Risse, noch Krater vorhanden sind.

p7036636 p7036635 p1251542
Aufnahmeöffnung aus schwarzem Klebeband
   Aufnahmeöffnung aus einem Kaffeerahmdeckel

Je runder und fuselfreier das Loch, desto präziser das Bild. (Zu den Folgen der Lochgrösse siehe Kapitel Physikalische Grundlagen.)

Die Belichtungszeit

 Die Belichtungszeit hängt von folgenden Kriterien ab:

  • Die allgemeine Lichtsituation am Aufnahmeort (sonnig, schattig, bewölkt, verschneit, etc.)
  • Die Grösse der Aufnahmeöffnung
  • Die Länge der Bildweite
  • Die Lichtempfindlichkeit des Fotopapiers

Die Errechnung der idealen Belichtungszeit ist kompliziert und kommt trotzdem nicht ohne Experimente aus. Experimentieren Sie direkt mit unterschiedlichen Belichtungszeiten unter denselben Bedingungen. Zu beachten ist aber, dass die Belichtungszeit bei schlechteren Lichtverhältnissen nicht linear zunimmt: Lange Belichtungszeiten werden - vereinfacht gesagt - proportional noch länger. (Informieren Sie sich hier, wenn Sie es genauer wissen wollen!)
Bei unserer Kamera kann die Belichtungszeit ungefähr zwischen 40s bei sonnigem Wetter und 4min bei schlechtem Wetter variieren.

 Aufnahmevorgang

  1.  Legen Sie in der Dunkelkammer das Fotopapier mit der glänzigen Seite nach vorne in ihre Kamera ein. Kleben Sie es gegebenenfalls mit Klebeband an der Rückseite fest.
  2. Halten Sie den Finger auf die Aufnahmeöffnung, oder kleben Sie diese mit schwarzem Isolierband zu.
  3. Suchen Sie einen geeigneten Aufnahmeort. Normales künstliches Licht ist im Gegensatz zu Sonnenlicht sehr schwach und erfordert lange Belichtungszeiten.
  4. Stellen Sie ihre Kamera an ihren bevorzugten Ort. Die Kamera sollte nicht in der Hand gehalten werden, da sie sich während des Belichtungsvorgangs nicht bewegen darf.
  5. Nehmen Sie nun den Finger von der Aufnahmeöffnung und stoppen Sie die Uhrzeit.  Schliessen Sie die Aufnahmeöffnung nach gegebener Zeit und bringen Sie die Kamera schnell wieder in die Dunkelkammer.
  6. Entwickeln Sie nun das Foto (ohne Klebstreifen): Lassen sie es 1min im Entwickler, 30s im Stoppbad, 5min im Fixierbad und 10 min im Wasserbad. Lassen sie das Foto trocknen.
p6054660 p6054661 p6054662 p6054665
 Experiment: Doppelbelichtung mit 4-fach-Kamera
Bei Halbzeit wird gewechselt... ...und wieder möglichst ruhig posiert. Mit den Fingern die Löcher schliessen und schnell ins Labor. (Bild siehe unten)

Kontaktkopie

Das entwickelte Bild ist ein Negativbild. Ein Positivbild erhalten Sie, wenn Sie in der Dunkelkammer das Negativ verkehrt auf ein noch nicht belichtetes Fotopapier legen und 20s unter dem Vergrösserungsapparat belichten. Legen Sie die beiden Fotopapiere dazu unter eine Scheibe, damit sie flach aneinanderliegen. Die hellen Stellen im Negativ lassen das Licht passieren und belichten so das Fotopapier. Entwickeln Sie das Positivbild wie oben beschrieben.

Tipps

  • Hüllen Sie ihre Kamera in einen dunklen Stoff (z.B. eine Jacke), falls ihre Kamera etwas lichtdurchlässig ist. (Natürlich so, dass die Aufnahmeöffnung frei bleibt!)
  • Beschriften Sie das Negativ nicht auf der Rückseite, solange Sie noch eine Kontaktkopie machen wollen.

Alternativen

Das einfache Grundprinzip der Lochkamera bietet unendlich viel Spielraum für Experimente.

p1251501_bearb p7036633 p7036637 p7036628
p1251515_bearb
p7036644 p7036654 p7036668_b
Blechdosen sind betreffend Lichtundurchlässigkeit ideal (Seraina 1a, EMS, 07)
 Kamera mit unterschiedlicher Lochanzahl (hier zwei) (Samuel 1c, EMS, 08)
Experiment mit lichtdurchlässigen oder reflektierenden Materialien (Nesina 1c, EMS, 08)
 4fach-Kamera, hier eines von vier Bildern mit Doppelbelichtung, siehe oben) (Romano 1c, EMS08)